Wenn man an einem 1. Mai eine Reportage über das Aufstellen eines Maibaums machen soll, erwartet man vor allem: Sonne, frühlingshafte Temperaturen, fröhlich feiernde Menschen und Bier. Bekommen habe ich die Erkenntnis, dass die beiden ersten Punkte den beiden letzten nicht entgegenstehen. Und das an solchen Tagen die Erwartungen in doppelter Hinsicht erfüllt werden können.

Auf der Suche nach dem Baum, der in meinem Dorf aufgestellt werden soll, traf ich in der Nähe des ebenfalls zu unserer Gemeinde gehörenden Nachbarortes auf den Maibaum. Transportbereit war er an einem Traktor befestigt. Der Regen troff von dem mächtigen Stamm. Blau-weiße Fähnchen flatterten in den Windböen, als wollten sie die Tropfen abschütteln. Ein paar Meter davon entfernt eine Gruppe lachender Menschen. Kinder in Regenjacken laufen herum, spielen und purzeln kichernd übereinander. Ein paar Leute winken mir zu – so gehe ich zu ihnen, stelle mich vor und bekomme gleich mal eine Halbe Helles meines Lieblingsbieres in die Hand gedrückt.

Es wird gelacht und gescherzt. Der „Miche“ zeigt mir stolz ein selbstgemachtes Holzschild, auf dem viele Namen eingebrannt sind. Und als Antwort auf die unausgesprochene Frage, die sich in mir regt, erzählt Miche, dass die Dame, auf deren Hof der Baum gleich aufgestellt wird, sich schon freue, denn sie habe heute auch noch Geburtstag.

Also nicht der Baum, den ich gesucht habe. Wieder eine Menge Lacher, als ich erzähle, warum ich unterwegs bin. Darauf eine Runde Birnenbrand. Und den Himbeergeist muss ich unbedingt probieren.

Alles kein Problem, sagt eine Frau – der andere Baum kommt gleich hier vorbei. Der wird im nächsten Hof hergerichtet. Erstaunlich, denn mir kam schon oft zu Ohren, jener Ort – „Nonnberg“ – läge etwas im Clinch mit meinem Dorf: „Pleiskirchen“.

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Feuerwehr nähert sich langsam die Straße herunter. Ein ganzer Tross Fahrzeuge – mittendrin ein großer roter Traktor mit einem langen, geschmückten Baum hintendran. Gleich neben dem Baum der Nonnberger bleibt er stehen. Noch mehr Menschen. Es gießt. „Schnürl-Regen“. Es wird gelacht, spontan miteinander getrunken. Man prostet sich zu. Einer stellt alle verfügbaren Schnapsgläser in eine Reihe auf den vor Nässe triefenden Maibaum. Zum Wohlsein! Jetzt Gruppenfoto! Winkende Leute, Kinder, die auf den Maibäumen sitzen und einen Riesenspaß dabei haben. Zwist zwischen den Orten? Sicher eine Mähr aus längst vergangenen Zeiten.

Fakt ist: Hier leben einfach nur ganz normale Leute, die sich die Laune weder durch schlechtes Wetter verderben lassen, noch durch angedichtete Schmähungen. Die sich gern zu Verrücktheiten hinreißen lassen, sich gegenseitig tonnenschwere Bäume entführen und sie mit Getränken und Speisen wieder auslösen.

Mensch, bin ich froh, ein Teil davon zu sein!

 

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Written by Albert

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